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Weihnachtsgedicht: Morgen, Kinder, wird´s nichts geben (Erich Kästner)

Als ich das Gedicht zum ersten Mal gelesen habe, dachte ich mir noch: Erich, was haben dir die Kleinen denn getan, dass du diese Verse niedergeschrieben hast? Doch auf den zweiten Blick wird klar, Weihnachten sollte es nicht nur um Geschenke und den Konsum gehen, sondern um das Geschenk des Lebens und das gemeinsame Beisammensein. So bekommt dieses etwas andere Weihnachtsgedicht einen besonderen Platz in unserem Herzen.

Morgen, Kinder, wird´s nichts geben

Erich Kästner

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch Eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht so weit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden,
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden,
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengrün mit Osrambirnen –
lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heilge Nacht –
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit . . .
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

FAZIT: Morgen, Kinder, wird´s nichts geben

Es scheint so, als möchte Kästner aus diesem Weihnachtsgedicht eine besondere Lehre allen Lesern erteilen. Mit einem ironischen Zwinkern im Augenwinkel nimmt er der Überhöhung des Weihnachtsfestes die Luft aus den Segeln.

Was bedeutet das für uns?

Ganz einfach: Nur weil Weihnachten ist, muss nicht jeder in die Kirche laufen, die Hände zum Gebet falten und sich ohne Kompromisse dem Brauchtum hingeben. Aus diesem Weihnachtsgedicht wird deutlich: Jeder sollte seine eigene Portion Weihnachten für sich in Anspruch nehmen und sich dabei nicht an anderen orientieren.

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